Stahlbauzertifizierung für Zimmerer?

Zimmerer, die Stahlbauteile montieren, werden immer wieder nach Ihrer Zertifizierung nach DIN EN 1090-1 „Ausführung von Stahltragwerken und Aluminiumtragwerken – Teil 1: Konformitätsnachweisverfahren für tragende Bauteile“ gefragt.

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Diese Forderung ist problematisch, weil man zum Herstellen von Stahlbauteilen nach DIN EN 1090-1 nicht nur bestimmte Qualifikationen, z.B. eine Schweißeignung, benötigt, sondern die Zertifizierung auch eine Fremdüberwachung nach dem AVCP-System 2+ beinhaltet.

Was sind AVCP-Systeme?

Die Abkürzung AVCP steht für Assessment and Verification of Constancy of Performance, zu Deutsch: „Bewertung und Überprüfung der Leistungsbeständigkeit“. Diese ersetzen die vielen Herstellern bekannten Konformitätsnachweisverfahren nach der Bauproduktenrichtlinie.

Jede europäische Norm führt auf, welches AVCP-System zur Kennzeichnung und Erstellung einer Leistungserklärung für die nach dieser Norm hergestellten Bauprodukte notwendig ist.

Für tragende Bauteile wird in der Regel mind. Das System 2+ gefordert. Das heißt, wer z.B. Bauholz nach DIN EN 14081-1 sortieren oder Stahltragwerke nach DIN EN 1090-1 herstellen will, benötigt eine Erstinspektion und in der Folge laufende Überwachungen durch eine notifizierte Stelle.

Herstellung von Stahlbauteilen

Warum wird der Zimmerer dann nach einer Stahlbauzertifizierung gefragt, aber nicht nach einer Zertifizierung für Holzsortierung? Dies liegt an der Definition von „Herstellung“ in DIN EN 1090-1, 3.1.7: Dort werden neben Bearbeitung und Schweißen auch mechanisches Verbinden und Zusammenbau als Arbeitsvorgänge, die zur Herstellung eines Bauteils erforderlich sein können, genannt.

Lösung

Die Lösung liegt bei der Beantwortung der Frage, wer Hersteller des Produktes ist. Ein Zimmerer ist in der Regel weder Schweißer noch Stahlbauer. Der Hersteller von Stahlbauteilen ist der hierfür nach DIN EN 1090-1 zertifizierte Betrieb. Der Zimmerer baute diese CE-gekennzeichneten Bauprodukte entweder allein oder gemeinsam mit anderen Produkten in einem Bauwerk ein.

Ein Bausatz (der aus verschiedenen Bauprodukten besteht) wird von einem Hersteller angeboten und für diesen Bausatz gibt es auch eine Leistungserklärung nach einer europäisch harmonisierten Norm. Dazu ist eine Montageanleitung oder ähnliches vom Hersteller erforderlich. Hält sich der Verwender des Bausatzes an die Angaben des Herstellers, dann geht man davon aus, dass der zusammengebaute Bausatz die Leistung erbringt, die in seiner Leistungserklärung bestätigt wird.

Aber Achtung: das gilt nur für Bausätze mit der entsprechenden Kennzeichnung und Leistungserklärung.

Fazit: Wer Stahlbauprodukte lediglich einbaut aber nicht herstellt, muss nicht nach DIN EN 1090-1 zertifiziert sein.

Dies gilt auch für das Zusammenbauen mehrteiliger Stahlbauteile, wenn diese als Bausatz ebenfalls ein Bauprodukt sind und die Herstellerangaben beachtet werden.

Wer also mehrteilige Stahlbauteile in ein Gebäude einbaut, muss darauf achten, dass es sich dabei um einen Bausatz handelt. Sonst muss er nach DIN EN 1090-1 zertifiziert und fremdüberwacht sein.

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