Nachdem die Holzpreise in Europa in der ersten Jahreshälfte 2020 nahezu konstant geblieben sind, stiegen sie in der zweiten Jahreshälfte deutlich an.
Nun hat sich die Lage noch einmal deutlich verschärft: die gegenwärtigen Preisentwicklungen und Lieferzeiten im Holzbereich verlangen Unternehmern und Kunden Geduld und Nerven ab, bringen einige Betriebe auch in große Nöte. Andere haben rechtzeitig vorgesorgt und die Lager gefüllt und auch die Kalkulationen entsprechend angepasst.
Was sind die Gründe?
Erhöhter Holzbedarf und Holzknappheit in den USA
In Folge von Bauboom und den Auswirkungen von Waldbränden und Hurricanes, ist auf dem amerikanischen Kontinent ein Engpass an geeignetem Schnittholz entstanden. Daraus resultiert eine Steigerung des Exports europäischer Sägeunternehmen in die USA um ca. 55%, da dort weit bessere Preise zu erzielen sind. Das wiederum führt zu einer Verknappung in Europa und Deutschland, lässt die Lieferzeiten länger werden und die Preise steigen. Des Weiteren wird der Export nach Amerika vom wichtigen Holzlieferanten Kanada und der dort ebenfalls grassierenden Käferplage befeuert. Statt kanadischem Holz verarbeiten nun viele Amerikaner eben Holz aus Bayern oder Baden-Württemberg.
Russland erlässt einen Exportstopp
Russland, traditionell einer der großen Holzlieferanten, hat einen Exportstopp für „Rundholz“ erlassen, um mehr Wertschöpfung im eigenen Land zu halten, also selbst Schnittholz herzustellen. Weiterverarbeiter in Finnland und im Baltikum bekommen dadurch ein Problem. China, ebenfalls ein wichtiger Russland-Kunde und vom Bauboom nicht weniger erfasst, hat aus der Not in Deutschland eine Tugend gemacht und Millionen Kubikmeter Schadholz aufgekauft. Viele Waldbesitzer in Deutschland waren darüber sogar froh. Denn die Lagerung wäre teuer geworden und das Holz im Zweifel immer schlechter.
Corona-Virus
Schließlich wirkt sich auch die gegenwärtige Covid-19-Pandemie auf die Lieferketten aus. Stichworte sind hier Schutzmaßnahmen bei der Produktion und deren Verlangsamung, Arbeitskräftemangel und eine erhöhte Nachfrage im Baumarktbereich. Da viele Menschen infolge der Einschränkung von Reisemöglichkeiten zuhause bleiben und das Heimwerken neu entdecken.
Aktuelle Lage
Nach einer Erhebung des Zentralverbandes des Deutschen Baugewerbes gehen aktuell nur noch 16 Prozent der Baufirmen von einer problemlosen Verfügbarkeit von Holz aus. Dazu kommt: Nicht nur Holz, auch Baustahl und selbst Dämmmaterial werden nach Angaben des Verbandes immer knapper.
Die Preise für nahezu alle Hölzer und Holzprodukte sind regelrecht in die Höhe geschossen. So lag beispielsweise der Preis für KVH im letzten Sommer bei ca. 320,-€/m³. Mittlerweile hat er die 600,-€ überschritten und kratzt nun schon an der 700,-€/m³ Marke. Auch im Bereich des Schnittholzes und vor allem der Latten ist die Entwicklung gleich dramatisch. Mit Beginn der Preisspirale folgten immer mehr Betriebe den unternehmerischen Reflex der Vorsorge und deckten sich mit Material ein.
Dadurch wurde die angespannte Lage der Verfügbarkeit zum eskalieren gebracht und der Markt geradezu leer gekauft. Gerade hier liegt aber die größte Hoffnung und Möglichkeit zur Entspannung.
Das Bauen wird absehbar nicht nur länger dauern, es wird auch mehr kosten: 60 Prozent der Unternehmen wollen in den nächsten Monaten ihre Verkaufspreise erhöhen, schreibt der ZDB. Das ist für Käufer von Immobilien misslich, da der Holzanteil im Hausbau auch politisch gewollt steigt.
Die Bauministerkonferenz hatte 2019 das De-facto-Verbot von tragenden Holzteilen im Mehrgeschossbau gekippt. Damit wird der Anteil von Holz und Holzdämmungen im Wohnungsbau wachsen.
Diesem Trend entgegen wirken nun die genannten Probleme und der daraus resultierende Imageverlust des Holzbaus.
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Um hier transparent nach außen zu sein betreibt die gesamte Holzbaubranche und auch wir eine intensive Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. So hat das Thema in den letzten Wochen immense Fahrt aufgenommen, wenn auch nicht immer in die gewünschte Richtung.
Peter Aicher Präsident Bund Deutscher Zimmermeister ist bemüht, die Wogen zu glätten. Vor allem die Hamsterkäufe der Zimmereien müssten aufhören, sagt er. Zudem brauche man mehr Nasslager, um Holz auch länger lagern zu können. Ziel müsse sein, Nachfrage und Angebot auf diese Art zu verstetigen. Im Zweifel müssten auch stillgelegte kleinere Sägewerke wieder aktiviert werden. Es ergebe schon ökologisch keinen Sinn, Holz, das zuvor auch noch begast werden müsse, um alle Schädlinge zu töten, nach Amerika und China zu verschiffen. Zugleich äußert der oberste Zimmerer Deutschlands aber Verständnis für Waldbesitzer und Sägewerke, die nun mal auf den Markt reagieren müssten. (zum ganzen Interview)
Auch wir sind im Dauerdialog mit allen Beteiligten und natürlich auch der Politik und der Presse:
Am 13. April berichtete das NDR Schleswig-Holstein Magazin über die Thematik und die Hintergründe. Da war aber das ganze Ausmaß noch nicht absehbar.
Kurze Zeit später baten die Kieler Nachrichten um ein Interview:
Auch der Holzhandel spielt hier weitestgehend mit offenen Karten und informiert, ein Beispiel dazu hier.
Wie kann ich damit umgehen?
Wichtig ist, dass Sie Ihren Kunden gegenüber offen und transparent sind und somit für beide Seiten wirtschaftlich tragbare Lösungen zu finden. Zu den Möglichkeiten der Preisanpassung haben wir unsere Mitglieder in den letzten Wochen bereits informiert.
Ein weiterer dringender Apell betrifft die Nutzung des sogenannten Kalamitätsholzes. Damit sollte der regionale Holzvorrat bestmöglich genutzt werden. Dazu gehört, dass auch Holz, das durch klimatische Einflüsse oder den Borkenkäfer betroffen ist, zum Einsatz kommt. Es besitzt konstruktiv die gleiche Qualität wie herkömmliches Schnittholz. Es kann daher ohne Einschränkungen im nicht sichtbaren Bereich verbaut werden. Lesen Sie dazu auch den Beitrag von Holzbau Deutschland
Ausblick
Einen Ausblick zu wagen ist schwierig bis unmöglich – keiner kann in die Glaskugel schauen. Es gibt aber erste Signale aus der Lieferkette, dass sich die Verfügbarkeit wieder bessert und mittelfristig normalisiert. Dagegen werden die Holzpreise nicht oder nur leicht wieder sinken. Es gilt die Kalkulation entsprechend anzupassen und den Bauherren zu vermitteln, dass sich die ausführenden Holzbaubetriebe nicht die Hosentaschen füllen.
Zu guter Letzt ist es wichtig, nicht in Panik zu verfallen und wir möchten uns den Worten unseres Bundesvorsitzenden von Holzbau Deutschland Peter Aicher anschließen Holz mit Augenmaß bestellen, um die Marktlage nicht weiter zu verschärfen.